Saxophon

Instrumentenkunde für die Praxis | Das Saxophon

Instrumentenkunde
Das Saxophon

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Sitzordnung im Blasorchester – Dos und Don‘ts

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Die nicht ganz perfekte Erfindung des Monsieur Sax

Die Karriere von Adolphe Sax als Instrumentenbauer und -erfinder war durchaus nicht immer ganz geradlinig. Als Kind hatte er zahlreiche Unfälle in der väterlichen Werkstatt zu überstehen, kämpfte zeitlebens mit finanziellen Schwierigkeiten, und auch seine erste große Leistung im Bereich des Instrumentenbaus war mit Widerständen verbunden. Als er im Alter von 20 Jahren dem Dirigenten des Orchesters Société Philharmonique Brüssel in der Anwesenheit der Musiker seine neue Erfindung an der Bassklarinette vorstellte, führte das beim ersten Klarinettisten des Orchesters, Georges Bachmann, zu einem Wutausbruch: »Ich spiele entweder nur die alte Klarinette, oder ich überlasse meinen Platz sofort Herrn Sax und seinem neuen Instrument!«
Mit diesen Worten sprang Bachmann von seinem Platz auf und verließ die Demonstration. Sax schlug zur Klärung des Disputs einen öffentlichen Wettstreit zwischen ihm mit seinem neuen Instrument und Bachmann auf dessen alten Instrument vor. Bachmann willigte in dieses aus heutiger Sicht seltsam anmutende Vorgehen ein. Mehr als 4.000 Besucher verfolgten das öffentliche Schauspiel, in dem Sax klar als Sieger hervorging und sich so einen dauerhaften Platz im Orchester sicherte. Verantwortlich für den Sax’schen Sieg war unter anderem ein kleines neues Loch in seinem Instrument, das den Überblasvorgang wesentlich erleichterte.
Wenige Jahre später sollte ihm der nächste große Coup gelingen. Im Jahr 1842 schloss er die Experimentierphase mit einem Blasinstrument in der Bass-Lage ab, das »im Charakter seiner Stimmen den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt als diese«. Im Juni desselben Jahres stellte er es Hector Berlioz vor. Dieser wies dem neuen Instrument in seinem Werk »Hymne Sacré« eine exponierte Stimme zu und verhalf dem Instrument so im Jahr 1844 zum Durchbruch. Am 21. März 1846 beantragte Sax für dieses Instrument und seine kleinen und großen Brüder, die wir heute als die Saxophon-Familie kennen, ein Patent, das ihm am 22. Juni des gleichen Jahres für 15 Jahre zuerkannt wurde. Die von Sax ursprünglich in den Stimmungen C und F für das Sinfonieorchester angedachten Instrumente wurden nur kurze Zeit gebaut. Dauerhaft durchsetzen konnten sich die für das Militärorchester konzipierten Instrumente in B und Es.

Bestandteil der folgenden Betrachtungen sind die Instrumente der Saxophon-Familie, die in der modernen Literatur im Blasorchester hauptsächlich auftreten: Das Sopran-, Alt-, Tenor- und Bariton-Saxophon – also die Instrumente des klassischen Saxophon-Quartetts. Alle Instrumente der Saxophon-Familie bestehen aus einer konisch geformten Messingröhre, die an der schlankeren Seite durch das Mundstück abgeschlossen wird und somit in die Oktave überblasen wird. Alle Saxophone verfügen über einen obertonreichen Klang, wobei die Obertöne sehr kräftig auftreten. Dies führt zu einer großen Klangfarbenpalette, die im Blasorchester von den Komponisten ausgenutzt wird und von den Dirigenten zu Geltung gebracht werden kann.

Ein Thema, das im Bereich der Saxophone hin und wieder Probleme verursacht, ist die Instrumentation. Aus der Instrumentationspraxis ist die Regel »ideale Lage für idealen Klang« bekannt. Extreme Lagen erzeugen immer auch extreme Klänge, was bei Komponisten wie Schostakowitsch natürlich beabsichtigt ist, aber beim Großteil der Literatur hingegen nicht. Bei der Analyse von Partituren stellen wir fest, dass die Regel vor allem am unteren Ende des Tonumfangs hin und wieder verletzt wird.

Saxophon Pilatus
Abbildung 1: Pilatus – Mountain of Dragons (S. Reineke)

Auf dem Sopran-, Alt- und Tenorsaxophon ist die tiefe Lage von b bis f’ bläserisch nicht so einfach zu bewältigen. Offene Einsätze in einer leisen Dynamik sind heikel und vielfach mit Problemen in der Ansprache des Tones verbunden. Berühmt und berüchtigt ist beispielsweise das aufsteigende Viertelmotiv im Tenor-Saxophon aus Steven Reinekes »Pilatus – Mountain of Dragons«, beginnend in Takt 5 auf dem d’ (Abbildung 1). Dieser Einsatz erklingt bei den meisten Orchestern aus dem Leistungsbereich der Oberstufe aufgrund der schlechten Ansprache wahlweise verwackelt oder zu laut. Das Problem kann auf zwei Arten gelöst werden. Ein möglicher Lösungsansatz ist die Optimierung der Spieltechnik. Das Erhöhen des Luftverbrauchs, das Öffnen des Halses durch die Verwendung offenerer und dunklerer Vokale und Umlaute oder das Schließen einer funktionslosen Klappe beim Anstoß kann zu einer Verbesserung führen.

Der andere Lösungsansatz geht über die Instrumentation. Ist im Orchester ein zweites Fagott oder eine zweite Bass-Klarinette vorhanden, so kann die Stimme des Tenor-Saxophons schön von einem dieser Instrumente wiedergegeben werden. Fehlen beide Instrumente, wird die Stimme am besten von einem Euphonium oder Bariton ausgeführt.

Auf dem Bariton-Saxophon stellt die tiefe Lage vom a bis f’ kein Problem dar. Auf diesem Instrument ist allerdings die hohe Lage ab dem c’’’ aufwärts kritisch. Da das Bariton-Saxophon in der Blasorchesterliteratur allerdings meist als Teil der Holzbassgruppe instrumentiert wird, tritt dieses Problem in der Praxis kaum auf. Außerhalb dieser schwierigen Lagen sind auf allen Instrumenten der Saxophon-Familie eine extreme Dynamik und eine große klangliche Bandbreite möglich: vom zartesten Engelsklang im Pianissimo bis zur brachialen Klanggewalt im Fortissimo. Bei leiser Dynamik sind immer Klappengeräusche vorhanden. Diese können nicht eliminiert werden und sind »typisch« für die Instrumente.

Auf allen Instrumenten der Saxophon-Familie ist eine virtuose Technik möglich, insbesondere auch auf dem Tenor- und Bariton-Saxophon. Damit erhält das Holzregister bereits in den unteren Leistungsstufen zwei Instrumente in der Tenor- und Bass-Lage, die früh technisch anspruchsvolle Stellen übernehmen können. Schnelle Staccato- Passagen sind auf allen Saxophonen durch das Einzelrohrblatt schwer zu realisieren. Der Einsatz der Doppel- und Tripelzunge ist im Amateurbereich zwar möglich, aber eher unüblich. Sollte die Doppel- oder Tripelzunge durch die Komposition in einer höheren Leistungsstufe gefordert werden, so muss ihr Einsatz in den meisten Fällen längerfristig vorbereitet werden.

Saxophon Gnomus
Abbildung 2: Bilder einer Ausstellung (M. Mussorgsky, Instr. J. Schyns)

Anspruchsvoll sind schnelle Wechsel von der Gis- auf die H-Klappe (und zurück) mit dem kleinen Finger der linken Hand. Eine Orchesterstelle, die diesen schnellen Wechsel erfordert, ist zum Beispiel der erste Takt des ersten Satzes »Gnomus« aus Mussorgskys Werk »Bilder einer Ausstellung« in der Instrumentation von José Schyns (Abbildung 2). Das Greifen des as’ mit der H-Klappe anstatt mit der Gis-Klappe ist eine Lösungsmöglichkeit für diese Stelle und erspart das » Rutschen« zwischen den beiden Klappen. Der klangliche Verlust durch die Benutzung der H-Klappe wird durch den Gewinn an Schnelligkeit aufgewogen. Die beiden kleinen Finger haben grifftechnisch auf dem Saxophon allgemein ein großes Arbeitspensum zu bewältigen. Sie müssen – ähnlich zum Klavier – regelmäßig speziell trainiert werden.

Saxophon Griffe
Abbildung 3: Die Griffe des Saxophons

Selbst die besten Instrumente der führenden Hersteller stimmen nicht über den gesamten Tonumfang ideal. Ein zu hoher Ton kann tiefer intoniert werden, indem der Kieferdruck verringert wird und der Umlaut »ö« im Halsbereich geformt wird. Ein zu tiefer Ton kann höher intoniert werden, indem der Kieferdruck erhöht und ein heller Vokal (»e« oder »i«) im Halsbereich geformt wird. Generell ist es leichter einen zu hohen Ton tiefer zu intonieren, als einen zu tiefen Ton höher zu intonieren. Bei Musikern mit einem geringeren Ausbildungsstand ist insbesondere die tiefe Lage oftmals zu tief und die letzte Oktave vom fis’’ bis fis’’’ in der Regel zu hoch. Ein gut ausgebildeter Musiker lässt das obere Ende des Tonumfangs durch einen offenen Ansatz und das Vorstellen eines dunklen Vokals oder Umlauts »fallen« und löst das Problem damit fast vollständig.

Unerlässlich für die Intonation ist es, dass die Klappen jedes Saxophons nach dem Kauf eingestellt werden. Der Klappenaufgang ist ab Werk zum Teil zu groß und muss zuerst auf das Instrument angepasst werden. Eine besondere Beobachtung gilt der Umsetzung von Akzenten. Diese sollen nur durch einen Luftimpuls aus dem Zwerchfell herausgespielt werden. Es darf zu keiner Veränderung des Kieferdrucks kommen, was zu einer unerwünschten Veränderung der Intonation führen würde. Neben den oben beschriebenen Korrekturmöglichkeiten kann die Intonation auch durch zahlreiche Korrekturgriffe weiter verbessert werden. In Tabelle 1 ist eine Übersicht über die größten Problemtöne und deren Korrektur dargestellt. Je nach Fabrikat des Instruments und Hersteller kann die Wirkungsweise der Korrekturgriffe unterschiedlich sein. Zur Veranschaulichung der Position der einzelnen Klappen am Instrument dient Abbildung 3.

TonProblemLösung
d'/dis'zu tief+ Cis-Klappe
e' - fis'zu tief+ Dis-Klappe
a'zu tief+ Gis-Klappe
h'zu tief+ Ta-Klappe
c''zu tief+ Ta-Klappe
c''zu hoch+ 4/5/6
cis''zu tief+ Ok-Klappe/3
d''zu hoch+ Tief-h-Klappe
d''zu tief+ Cis-Klappe
e''zu hoch+ H-Klappe
g''zu hoch+ C-Klappe
a''zu hoch+ 5/6
c'''zu hoch+ 5
cis'''zu hoch+ 4/5/6
dis'''zu hochnur mit C2-Klappe

Im deutschsprachigen Raum klingen die Saxophonsätze in der Tongebung oft zu hell und in der Artikulation zu hart, sie fügen sich deshalb nicht ideal das Holzregister ein. Rückgreifend auf die Einleitung und die Entwicklungshistorie des Instruments war der Denkansatz von Sax klassisch am Sinfonieorchester orientiert. Daraus resultierend sollte auch die Spielweise in der Artikulation und der Tongebung im Blasorchester bei sinfonischer Literatur eine klassische, an der französischen Spielkultur orientierte, sein. Ein komplett besetzter Saxophonsatz stellt im Holzregister eine homogene Gruppe mit enormen klanglichen Möglichkeiten dar. Die Hauptaufgabe des Satzes ist – entwicklungshistorisch betrachtet – über die Hörner und Euphonien eine Verbindung zwischen dem Holz- und Blechregister herzustellen und zur Verschmelzung dieser beiden Register mit beizutragen. Darüber hinaus fügt ein guter Saxophonsatz dem Holzregister eine große Sonorität hinzu und steigert durch das Vibrato auch die klangliche Intensität.

Der Einfluss auf die Klangqualität des Instruments nimmt vom Mundstück, über das Instrument selber, bis zum gespielten Blatt ab. Es gibt sehr viele Parameter, durch die relativ einfach ein großer positiver Einfluss auf die Klangqualität genommen werden kann. Man denke nur an das Material und den Typ des Mundstücks, Stärke und Fabrikat des Blattes oder den S-Bogen. Natürlich spielt auch die Blas-, Atem- und Vibrato-Technik eine wichtige Rolle. Als Dirigenten müssen wir im Amateurbereich stetig bei jedem einzelnen Musiker an diesen Parametern arbeiten, um die klangliche Entwicklung unseres Saxophonsatzes zu optimieren. Eventuell ist das Hinzuziehen von externen Fachkräften in diesem Punkt notwendig.

Das Alt-Saxophon wir dabei am schnellsten der klassischen Klangvorstellung entsprechen. Das Tenor-Saxophon klingt rauer als das Alt-Saxophon und ist am schwierigsten in das Klangkonzept des Satzes einzufügen. Im Idealfall klingen die Instrumente andersherum wie sie aussehen. Also das Sopran-Saxophon groß und voll im Klang, das Bariton-Saxophon dagegen schlank und fein. Um die eigene Klangvorstellung zu schulen, ist das Anhören und Reflektieren von Aufnahmen mit professionellen Saxophon- Quartetten sehr zu empfehlen. Gut geeignet sind für diesen Zweck Aufnahmen mit dem Diastema Quartett und dem Alliage Quintett (Saxophon-Quartett plus Klavier).

Haben Sie noch Fragen und Anregungen zum Saxophon?

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