Instrumentenkunde für die Praxis | Die Tuba
Instrumentenkunde
Die Tuba
Taschenkarte für die Intonationskorrektur
Sitzordnung im Blasorchester – Dos und Don‘ts
Komplettpaket für die Intonationsarbeit
Diese 10 Fehler kosten Sie das beste Prädikat im Wertungsspiel
Transpositions-training
149 Dinge, die du in der Dirigenten-ausbildung nicht lernst
33 Tipps für die Probenarbeit
Onlinekurs Partiturstudium
Sechs Ventile und unzählige Möglichkeiten
Einige Jahre später, genauer gesagt im Jahr 1843, meldete Adolphe Sax – dem die Arbeiten von Wieprecht und Moritz bekannt waren – ein Patent für eine ganze Familie von Ventilblechblasinstrumenten an. Die von ihm erfundene Saxhorn-Familie deckte den kompletten Tonbereich ab, von der Sopran- bis zur Kontrabasslage. Das Pendant aus dem Hause Sax in Brüssel zur Erfindung aus Berlin acht Jahre zuvor war die Saxtuba, das tiefste Instrumente der Saxhorn-Familie. Berlin und Brüssel stellen den Ursprung der unterschiedlichen regionalen Entwicklung der Tuba dar – mit Auswirkungen in den Instrumentenbau bis zum heutigen Tag.
Betrachten wir nun die Tuba aus demjenigen Blickwinkel, der für uns Dirigenten von Interesse ist, beginnend mit einem Überblick über die Mitglieder der Tuba-Familie. Heute werden Tuben in den vier Stimmungen F, Es, C und B gebaut. Man bezeichnet dabei die F- und Es-Tuba als hohe Tuben (Basstuben) und die C- und B-Tuba als tiefe Tuben (Kontrabasstuben). Jedes Instrument verfügt über eine eigene Klangcharakteristik, auf die ich im Folgenden eingehen möchte. Diese Klangcharakteristik wird aber nicht nur von der Stimmung festgelegt. Sehr wichtig sind auch Parameter wie Hersteller, Mundstück, Mensur, Schall, Bauform, und ob die Ventile im Vorder- oder Nachsatz verbaut sind. Beim Kauf einer Tuba kann man zwischen Instrumenten mit Dreh- oder Pumpventilen wählen. Bei Instrumenten mit Pumpventilen wird zwischen der Front- und Top-Action-Bauweise unterschieden. Das äußere Erscheinungsbild einer Tuba ist damit sehr vielfältig.
Die F-Tuba ist ideal, um den dreistimmigen Posaunensatz im Sinfonieorchester zu einem vierstimmigen Satz nach unten zu ergänzen. Instrumente in dieser Stimmung verfügen über eine hohe Penetrationskraft im Tutti und über einen beweglichen, singenden romantischen Ton, der in den oberen beiden Oktaven sehr modulationsfähig ist. Aus bläserischen Gründen ist die F-Tuba hervorragend als Soloinstrument geeignet und hat in den letzten Jahren eine große Weiterentwicklung erfahren. Eine zunehmend weiter werdende Mensur, die Betonung der Breite und Weichheit der tiefen Lage führte aber zum Verlust der typischen Zartheit in der Höhe.
Die Es-Tuba verfügt in einem großen Bereich ihres Tonumfanges über einen samtweichen und voluminösen Klang. Sie klingt im Vergleich zu einer F-Tuba voller und wärmer, wobei ihr Klang dennoch kompakt und zentriert bleibt. Die Ansprache der Es-Tuba ist in der Tiefe besser als bei der F-Tuba, die tiefe Lage klingt auf der Es-Tuba auch voller und resonanzreicher. Der Klang der Es-Tuba ähnelt in der Tiefe dem einer mittelgroßen B-Tuba. Eine C-Tuba besitzt ähnliche Klangeigenschaften wie die B-Tuba. Der Ton einer C-Tuba ist im Vergleich zur B-Tuba allerdings etwas heller, zudem verfügt das Instrument über eine größere Penetrationskraft im Tutti. Die C-Tuba ist aber etwas resonanzärmer und erreicht dabei nicht die klangliche Fülle einer B-Tuba. C-Tuben sind gut für kleinere Orchester und kammermusikalische Ensembles geeignet.
Ein solides und weiches Bassfundament wird von einer B-Tuba geliefert. Die Instrumente sind in der hohen Lage zwar spielbar, haben dort aber einen leicht maskierten Ton und sind somit klanglich nicht ganz so präsent. Neuere Instrumente besitzen in der tiefen Lage einen kernigen und modulationsfähigen Ton mit viel Kraft. Englische B-Tuben, für den Einsatz in Brass Bands vorgesehen, verfügen über einen samtigen, breiten und dicken Orgelklang. Zusammenfassend kann man sich F- und B-Tuben als Spezialinstrumente für extreme Lagen vorstellen, wogegen Es- und C-Tuben eher Allround- Instrumente sind. Im Instrumentenbau ist in den letzten Jahren der Trend erkennbar, dass die tiefe Lage zunehmend breiter und voller gebaut wird.
Basis für das Griffsystem der Tuba ist, wie bei allen anderen Blechblasinstrumenten, die Naturtonreihe. Je nach Stimmung der Tuba ergeben sich die in Abbildung 1 bis 4 dargestellten Naturtonreihen, in denen die Naturtöne 1 bis 6 und 8 abgebildet sind. Wie im Beitrag über die Trompete ausführlich erläutert, wird auch bei der Tuba die Chromatik im gesamten Tonumfang durch die Verwendung der Ventile in Kombinationen ermöglicht. Das erste Ventil (1) erniedrigt dabei die
Grundnaturtonreihe um einen Ganzton, das zweite Ventil (2) um einen Halbton und das Ventil (3) um eine kleine Terz. Neben den Unzulänglichkeiten der Naturtonreihe im Hinblick auf die gleichstufig temperierte Stimmung, stellt auch bei der Tuba gerade dieses Verwenden der Ventile in Kombinationen ein Intonationsproblem dar. Einen Problembereich möchte ich zunächst an der B-Tuba vorstellen. Als besonders heikel rufen wir uns die Ventilkombination 13 und 123 auf der Trompete in Erinnerung, die auf dieser mit einem Triggerzug korrigiert werden. Diese Lösungsstrategie ist bei den Tuben in allen Stimmungen aufgrund der Rohrlänge unüblich. Betrachten wir zunächst die Größe des Problems am Beispiel der B-Tuba mit einer Rohrlänge von ungefähr 5,40 Metern. Die Ventilkombination 13 sollte die Grundnaturtonreihe um eine reine Quarte erniedrigen. Die korrekte Rohrlänge hierfür wäre 1,83 Meter. Betätigt man allerdings diese Ventilkombination, so wird lediglich eine Rohrlänge von 1,70 Meter erreicht. Es fehlen also 13 Zentimeter, der Ton ist zu hoch. Bei der Ventilkombination 123 ist dieses Problem noch gravierender, hier fehlen gar 24 Zentimeter für die Erniedrigung der Grundnaturtonreihe um den gewünschten Tritonus. Bei der Tuba wird das Problem der fehlenden Rohrlänge durch das Verbauen eines weiteren Ventils gelöst: Das zusätzliche vierte Ventil erniedrigt die Grundnaturtonreihe um eine reine Quarte und wird daher als Quartventil bezeichnet. Bei allen Tönen, die die Griffkombination 13 enthalten, wird diese daher durch das vierte Ventil (4) ersetzt. Das gewährleistet eine saubere (C) beziehungsweise verbesserte (H1) Intonation zwischen dem 2. und 3. Naturton, zudem hat das vierte Ventil auch die Aufgabe, die Chromatik zwischen dem 1. und 2. Naturton zu ermöglichen und so die Lücke zwischen diesen beiden Naturtönen zu schließen.
Das vierte Ventil trägt zwar zu einer besseren Intonation bei der Ventilkombination 24 bei, allerdings fehlt durch die erneute Verwendung von Ventilen in Kombination immer noch Rohrlänge zur korrekten Erniedrigung der Grundnaturtonreihe um einen Tritonus. Diese fehlende Rohrlänge kann durch einen Hauptstimmzugtrigger, ein Kompensationssystem oder die Verwendung von zusätzlichen Ventilen hinzugefügt werden, um so eine korrekte Intonation des H1 sicherzustellen. Die Funktionsweise eines Hauptstimmzugtriggers ist analog zum normalen Zugtrigger, der uns von der Trompeten bereits bekannt ist. Der Hauptstimmzugtrigger wirkt dabei allerdings nicht auf einen einzelnen Ventilzug, sondern auf den Hauptstimmzug und verändert damit alle Töne. Auf das Kompensationssystem (automatisches Hinzuschalten von zusätzlicher Rohrlänge) gehe ich im Beitrag über das Euphonium ein.
Betrachten wir nun die bei der Tuba oft vorhandenen fünften und sechsten Ventile. Die Wirkungsweise und Verwendung dieser beiden Ventile lässt sich schön am Beispiel der F-Tuba, bei der Überbrückung der Distanz zwischen dem ersten (F1) und zweiten Naturton (F), erläutern. Das fünfte Ventil erniedrigt die Grundnaturtonreihe um einen vergrößerten Ganzton (etwa 1,25 Ganztöne), das sechste Ventil um einen vergrößerten Halbton (rund 0,75 Ganztöne). Je nach Hersteller kann aber auch das fünfte Ventil der vergrößerte Halbton und das sechste Ventil der vergrößerte Ganzton sein. Leider ist die Zuordnung der Funktion beim fünften und sechsten Ventil nicht einheitlich. Beim H1 verwendet man daher die Griffkombination 235, um die fehlende Rohrlänge der Griffkombination 123 oder 24 auszugleichen. Bei einer B-Tuba mit entsprechendem fünftem Ventil ist diese Griffkombination ebenfalls die Lösung zur korrekten Intonation des H1.
Abbildung 5: Grifftabelle F-Tuba (F1 bis F)
Beim Ais1/B1 auf der F-Tuba wird der Griff 14 analog durch 45 ersetzt. Der intuitivste Griff für das A1 wäre 124. Das Ersetzen dieser Griffkombination durch die Kombination 245 ist ein erster Schritt zur korrekten Intonation dieses Tones, der allerdings noch nicht ausreicht. Erst die Griffkombination 456 mit dem zusätzlich verlängerten Halbtonventil liefert das richtige Ergebnis. Mögliche Griffkombinationen für die fehlenden Töne Gis1/As1, G1 und Fis1/Ges1 lassen sich auf die gleiche Weise herleiten und sind in Abbildung 5 dargestellt (Grifftabelle F-Tuba, F1 bis F). Da keine Tuba exakt gleich ist und es von Instrument zu Instrument Unterschiede gibt, können die Griffe allerdings etwas abweichen. Die Wirkungsweise des fünften und sechsten Ventils ist nicht bei jedem Hersteller dieselbe, das Ziel hingegen schon: eine korrekte Intonation zwischen dem fünften und sechsten Naturton zu ermöglichen. Das fünfte und sechste Ventil, beziehungsweise das Kompensationssystem, wird vor allem bei der F-Tuba beziehungsweise der Es- Tuba benötigt. Bei den tiefen Tuben ist der im Blasorchester üblicherweise vorkommende Tonumfang vom Es1 bis b beinahe vollständig mit einer sauberen Intonation realisierbar – ohne ein zusätzliches fünftes oder sechstes Ventil. Bei der B-Tuba sind lediglich die Töne Es1 und E mit den Griffen 14 und 24 zu hoch und müssen – beispielsweise durch einen Hauptstimmzugtrigger – korrigiert werden. Sollte ein Instrument über keinen Hauptstimmzugtrigger verfügen, so kann bei vielen Tuben – vorausgesetzt der jeweilige Ventilzug ist gut gangbar – entweder der Hauptstimmzug selber oder der Ventilzug des vierten Ventils als Ersatz für den Hauptstimmzugtrigger verwendet werden. Auf das so genannte »Wiener System« der Tuben (3+3 Ventile) gehe ich in meinen Ausführungen nicht ein.
Grundnaturtonreihe um einen Ganzton, das zweite Ventil (2) um einen Halbton und das Ventil (3) um eine kleine Terz. Neben den Unzulänglichkeiten der Naturtonreihe im Hinblick auf die gleichstufig temperierte Stimmung, stellt auch bei der Tuba gerade dieses Verwenden der Ventile in Kombinationen ein Intonationsproblem dar. Einen Problembereich möchte ich zunächst an der B-Tuba vorstellen. Als besonders heikel rufen wir uns die Ventilkombination 13 und 123 auf der Trompete in Erinnerung, die auf dieser mit einem Triggerzug korrigiert werden. Diese Lösungsstrategie ist bei den Tuben in allen Stimmungen aufgrund der Rohrlänge unüblich. Betrachten wir zunächst die Größe des Problems am Beispiel der B-Tuba mit einer Rohrlänge von ungefähr 5,40 Metern. Die Ventilkombination 13 sollte die Grundnaturtonreihe um eine reine Quarte erniedrigen. Die korrekte Rohrlänge hierfür wäre 1,83 Meter. Betätigt man allerdings diese Ventilkombination, so wird lediglich eine Rohrlänge von 1,70 Meter erreicht. Es fehlen also 13 Zentimeter, der Ton ist zu hoch. Bei der Ventilkombination 123 ist dieses Problem noch gravierender, hier fehlen gar 24 Zentimeter für die Erniedrigung der Grundnaturtonreihe um den gewünschten Tritonus. Bei der Tuba wird das Problem der fehlenden Rohrlänge durch das Verbauen eines weiteren Ventils gelöst: Das zusätzliche vierte Ventil erniedrigt die Grundnaturtonreihe um eine reine Quarte und wird daher als Quartventil bezeichnet. Bei allen Tönen, die die Griffkombination 13 enthalten, wird diese daher durch das vierte Ventil (4) ersetzt. Das gewährleistet eine saubere (C) beziehungsweise verbesserte (H1) Intonation zwischen dem 2. und 3. Naturton, zudem hat das vierte Ventil auch die Aufgabe, die Chromatik zwischen dem 1. und 2. Naturton zu ermöglichen und so die Lücke zwischen diesen beiden Naturtönen zu schließen.
Wie für andere Blasinstrumente gilt auch für die Tuba: Eine schlechte Luftführung führt fast unvermeidlich zu einer unsauberen Technik. Bei spieltechnischen Problemen muss also zuerst die Atemtechnik und hier vor allem die Luftführung optimiert werden. Die weite Mensur der Tuba setzt dem Spieler sehr wenig Widerstand entgegen, was dazu führt, dass viele Tubisten es gewohnt sind, mit zu geringer Stütze zu spielen. Instrumente mit Périnetventilen bringen bei technischen Stellen gegenüber Instrumenten mit Drehventilen einen kleinen Vorteil mit sich. Beim Drücken eines Périnetventils ist der Bereich, in dem der Ton tatsächlich nicht anspricht («schleifender Übergang«), deutlich kleiner als bei einem Drehventil. Aus diesem Grund verzeihen Périnetventile nicht ganz sauberes Greifen eher, technische Passagen werden leichter spielbar. Sollte ein Drehventil nachfedern, so kann der Anschlagkork durch hartes Gummi ersetzt werden und das Problem so minimiert werden. Eine Schwierigkeit bei langsamen Abschnitten und legato-Passagen besteht darin, dass die Griffweise fälschlicherweise dem Tempo und der Artikulation angepasst wird. Dies führt dazu, dass Bindungen nicht sauber ansprechen oder der Tonwechsel unsauber vollzogen wird. Die Griffweise muss – unabhängig von der vorgeschriebenen Artikulation – immer molto marcato sein. Die Ventile müssen also äußerst schnell und mit Energie eingedrückt werden. Tiefe und lange Instrumente sprechen grundsätzlich später an als hohe und kurze Instrumente. Die Luftsäulen, die bei den Tuben zum Schwingen gebracht werden müssen, sind mit 3,70 Metern (F-Tuba) bis 5,40 Metern (B-Tuba) sehr lang. So wird nachvollziehbar, warum die pünktliche Ansprache des Instruments anspruchsvoll und nicht immer gegeben ist. Diese Verzögerung in der Ansprache muss durch den Musiker ausgeglichen werden, er muss fast vor dem Schlag spielen, um pünktlich zu sein. Gerade im Piano ist die Gefahr besonders groß, dass der Tuba-Satz zu langsam ist und im Zusammenspiel hinter dem Orchester zurückbleibt. Die Entwicklung eines perfekten Timings im Tuba-Satz ist eine Aufgabe, die Jahre intensiver Arbeit erfordert.
Allgemein ist es empfehlenswert, dass im Orchester auf jeden Fall Tuben in zwei verschiedenen Stimmungen eingesetzt werden. Gängig ist im Blasorchester wohl der Einsatz von Fund B-Tuben oder von Es- und B-Tuben. Durch die unterschiedliche Stimmung der Instrumente ergibt sich oft ein Lagenvorteil: Bei hohen Stellen übernimmt die hohe Tuba die obere Oktave, während die untere Oktave in der tiefen Tuba sicher liegt. Bei tiefen Stellen liegt die obere Oktave in der hohen Tuba sicher, während die tiefe Tuba die untere Oktave übernimmt. In beiden Fällen haben die Musiker auf der schwierigeren Stimme eine gute Referenz im Bereich der Intonation und es wird ein solides klangliches Fundament geschaffen. Eine nach unten oktavierende hohe Tuba, die mit einer loco spielenden tiefen Tuba kombiniert wird, erzeugt bei Piano-Passagen ein klangliches Ideal. Durch den Einsatz einer F- oder Es-Tuba wird die Mensur des Euphoniums nach unten bis zur C- oder B-Tuba fortgesetzt und so ein klanglicher Übergang geschaffen. Blastechnisch stellt die hohe Lage oft ein Problem dar – sie ist klanglich zu eng. Hohe Töne müssen bewusst off en gedacht werden, damit sich der Halsbereich nicht schließt und zu eng wird. Technisch schwierige Stellen sind auf hohen Tuben im Regelfall leichter beziehungsweise deutlicher zu realisieren. Sobald allerdings das fünfte oder sechste Ventil dazukommt, werden die Griffabfolgen kompliziert und die Technik kann auf einer tiefen Tuba besser realisiert werden. Musiker, die direkt auf der Tuba ihren Unterricht begonnen haben, sind im Amateurbereich in technischer Hinsicht manchmal etwas schwerfällig. Tubisten, die zuvor ein anderes Blechblasinstrument wie zum Beispiel Euphonium gespielt haben, sind technisch meist wendiger, da sie auf dem Vorgängerinstrument bereits mit wesentlich schwierigeren Stellen konfrontiert wurden.
Wie oben bereits beschrieben, sind Legato- Passagen auf der Tuba schwieriger als auf anderen Blechblasinstrumenten zu realisieren, es ist das typische »Rollen« von Tönen zu hören. Kritisch sind hierbei oft schnelle und/oder tiefe Stellen. In beiden Fällen kann solch eine Stelle durch sehr weiches Stoßen vereinfacht werden. Findet sich die Passage auch im tiefen Holz und/oder dem Kontrabass wieder, so wird die Stelle im Publikum insgesamt als schlüssiges Legato wahrgenommen. Selbst wenn solche Passagen auf der Tuba technisch einwandfrei wiedergegeben werden, klingen sie aus der Perspektive des Publikums teilweise zu wenig griffig. Stößt ein Tubist die entsprechende Stelle leicht an, während die anderen Tubisten die Stelle wie notiert im Legato spielen, wird eine größere Klarheit erreicht. Auch bei dieser Lösungsstrategie ist nicht direkt hörbar, dass ein Tubist nicht Legato spielt. Eine weitere Herausforderung auf der Tuba stellt die Artikulationsklarheit dar. Insbesondere ein sauberes Staccato ist in der doch sehr tiefen Lage der Tuba schwer zu realisieren. Erreicht man nach vielen arbeitsreichen Jahren, dass der Tuba-Satz das Orchester mit einem ausreichenden klanglichen Fundament versorgt, so wird dann oftmals alles einfach nur noch breit artikuliert. Die Steigerung der Deutlichkeit im Bereich der Artikulation, insbesondere im Staccato, stellt dann die nächste Entwicklungsstufe dar. Das Ziel muss sein, dass kurze Töne möglich sind, ohne dass die Regeln der Klangästhetik verletzt werden. Beim Besuch von Wettbewerben und Wertungsspielen kann man in vielen Fällen vorhersagen, wann der Dirigent eine Schlussfermate abschlägt. Die Musiker haben einfach keine Luft mehr, um den Ton zu halten, der Ton wird schwächer und der Dirigent »erlöst« dann das Orchester durch das Abschlagen der Fermate. Diese Problematik betriff t insbesondere die Tubisten, da der Luftverbrauch in Forte- oder Fortissimo-Passagen enorm ist. Um sicherzustellen, dass eine Fermate – oder eine laute Passage – permanent in der gewünschten Lautstärke erklingt, ist es notwendig, dass die Tubisten an unterschiedlichen Stellen atmen und so immer ausreichend Luft zur Verfügung haben. Meist müssen Halte- und Bindebögen gestrichen und Notenwerte sogar aufgeteilt werden. Schnelle und laute Passagen müssen ebenfalls besprochen und eingeteilt werden, da eine Vollatmung sehr viel Zeit benötigt. Abbildung 6 (»Derivations«, Marco Pütz) zeigt ein Beispiel für dieses als »chorische Atmung« bezeichnete Prinzip – die Paradedisziplin für den Tuba-Satz eines guten Blasorchesters. Die chorische Atmung kann zusätzlich verbessert werden, indem bewusst an Stellen geatmet wird, an denen sonst niemand atmet. An Phrasenwechseln soll damit also explizit nicht geatmet werden. Orgelpunktartig gehaltene Töne sind ebenfalls ein Anwendungsbereich für die chorische und zirkulare Atmung.
»Typisch Tuba« ist das Klappern der Ventilmechanik, das kaum eliminiert werden kann. Neuere Instrumente verfügen über so genannte »Minibal«- Gelenke, die deutlich weniger klappern. Die Begutachtung der Mundstücke der Tubisten im Amateurbereich durch einen Fachmann kann ebenfalls sinnvoll sein. Oftmals werden Mundstücke mit zu kleiner Bohrung und zu flachem Kessel gespielt.
Bei Wettbewerben und Wertungsspielen ist es zu empfehlen, dass sich die Tubisten – analog zu den Kontrabässen im Sinfonieorchester – so früh als möglich auf der Bühne einspielen und dann auch dort stimmen. Die Stimmung des Instruments wird aufgrund der extremen Rohrlänge hauptsächlich von der Raumtemperatur und nicht von der Atemluft beeinflusst. Deshalb können die Instrumente problemlos auf der Bühne verbleiben, ohne sie direkt vor dem Konzertbeginn erneut stimmen zu müssen. Das Einblasen und Stimmen in einem – im Vergleich zur Bühne – kälteren oder wärmeren Einspielraum wirkt sich negativ auf die Grundstimmung des ganzen Orchesters aus.
Bei sehr lauten Passagen besteht die Gefahr, dass sich die Intonation stark verändert. Die Tubisten müssen bei solchen Stellen zwar bis kurz vor die eigene bläserische Grenze und die des Instruments gehen, dürfen diese aber in keinem Fall überschreiten. Diese Grenze muss nach und nach weiterentwickelt und gesteigert werden. Das Fordern einer (zu) extremen Dynamik in Richtung maximale Lautstärke birgt neben Intonationsproblemen auch noch eine weitere Gefahr: Der Klang der Tuba setzt sich aus weniger als 20 Prozent Direktschall und mehr als 80 Prozent Reflektionsschall zusammen. Aus diesem Grund nimmt man als Dirigent die Tuben im Orchester gerne als zu leise wahr. Bei der Beurteilung der Orchesterbalance muss man sich über diesen Sachverhalt im Klaren sein, um die Tuben nicht zu stark in den Vordergrund zu rücken. Bei fehlender Hörerfahrung ist es hilfreich, die Beurteilung der Balance aus dem Saal – aus der Perspektive des Publikums – durchzuführen. Entscheidungen über klangliche Fragen im Bereich des Tuba- Satzes sollten nicht zu Beginn einer Probe getroffen werden, weil sich der Klang der Tuben in den ersten 30 Minuten verändert und weicher wird.
Ein Einstieg auf der Tuba im »klassischen Anfängeralter« von acht oder neun Jahren ist aufgrund der Größe des Instruments oftmals nicht möglich. Bewährt sich in diesem Fall das Beginnen mit dem Euphonium als »Vorinstrument«. Bei einem gesicherten späteren Wechsel auf die Tuba ist es zu empfehlen, dass der Schüler von Anfang an das Griffsystem der Tuba im entsprechenden Schlüssel lernt. Der Start auf dem Euphonium bringt auch den Vorteil mit sich, dass der Ansatz am Anfang stabiler entwickelt werden kann. Beim Umstieg auf die Tuba kann am Anfang, sollten die Finger des Schülers zu kurz oder zu schwach sein, das vierte Ventil mit der linken Hand gespielt werden. Dem »Wandern« der Hand wird so vorgebeugt. Das Halten des Instruments kann durch einen Tuba-Ständer erleichtert werden, der zwischen die Beine gestellt wird. Beim Instrumentenkauf sollte darauf geachtet werden, dass der Schall möglichst nahe am Ohr liegt.
So verschieden die Verwendung der Tuba in den einzelnen Orchesterformen, so unterschiedlich ist auch die jeweilige Notation: Im Blasorchester werden die Tuben immer klingend in C notiert – wie auch im Sinfonieorchester. In der Brass Band wird die Es-Tuba transponierend in Es im Violinschlüssel notiert, die B-Tuba transponierend in B im Violinschlüssel. Der reale Klang der Es-Tuba ist eine große Sexte plus Oktave tiefer als notiert, der Klang der B-Tuba eine große Sekunde plus zwei Oktaven tiefer als notiert. In Fanfaren- Orchestern werden die Es- und B-Tuba transponierend in Es bzw. in B im Bass-Schlüssel notiert. Der reale Klang der Es-Tuba liegt hier eine große Sexte tiefer, die B-Tuba klingt eine große None tiefer als notiert. Das bedeutet für einen Tubisten, dass er letzten Endes mehrere Griffsysteme beherrschen muss. Möchte er mit einer B-Tuba in einer Brass Band, in einem Fanfare-Orchester und in einem Blasorchester mitspielen, so muss er bereits drei Griffsysteme beherrschen. Spielt er zudem noch F-Tuba, kommt ein weiteres Griffsystem fürs Blasorchester dazu. Im Fall der Es-Tuba sind es sogar gleich zwei neue Griffsysteme für das Blasorchester und das Fanfare-Orchester.
Nach Erfindung der Tuba Anfang des 19. Jahrhunderts hat das Instrument je nach Region eine unterschiedliche Entwicklung durchlaufen, wobei sich typisch regionale Klangvorstellungen herausgebildet haben. Je nach Orchesterform, Klangvorstellung und Tradition werden dabei Tuben unterschiedlicher Stimmung verwendet. Insgesamt lassen sich grob fünf Regionen unterscheiden. In Deutschland und in Österreich wird im Sinfonieorchester hauptsächlich die F-Tuba, die B-Tuba nur in den großen Werken der Romantik, eingesetzt. Im Blasorchesterbereich sind B-Tuben unterschiedlichster Bauart am weitesten verbreitet. Wird eine hohe Tuba besetzt, so ist das – orientiert an der Sinfonieorchestertradition – im Regelfall eine F-Tuba. In der traditionellen Blasmusik werden fast ausschließlich F-Tuben gespielt. In England, dem Mutterland der Brass Bands, ist die Verwendung von fundamentstarken Es- und B-Tuben mit Pumpventilen und Kompensation üblich. Sie verfügen über einen samtweichen und dichten Orgelklang, mit geringer Modulationsfähigkeit über den gesamten Tonumfang. Für die Schweiz gelten zunächst die gleichen Punkte wie für Deutschland. Durch die starke Brass-Band-Tradition in der Schweiz sind jedoch die für die Brass Band typischen Tuben zunehmend in Blasorchestern übernommen worden. Dies führte zu einer Änderung der Klangvorstellung im Blasorchesterbereich, die dadurch verbundenen Entwicklungen im Schweizer Instrumentenbau haben weltweite Ausstrahlung. In den Benelux-Ländern werden in den Brass Bands ebenfalls Originalinstrumente nach englischem Vorbild eingesetzt. Im Blasorchester werden, durch die Überlappung der Blasorchester- mit der Brass- Band-Szene, meist Es- und B-Tuben verwendet, seltener F-Tuben. In den Sinfonieorchestern der Beneluxstaaten kommen F-, C- und B-Tuben zum Einsatz. Im englischsprachigen Ausland werden in den Sinfonie- und Blasorchestern hauptsächlich C-Tuben gespielt, wobei nahezu die gesamte Literatur auf C-Tuben unterschiedlicher Bauart und Größe realisiert wird. Es- und F-Tuben werden – selbst im professionellen Bereich – kaum verwendet.
Haben Sie noch Fragen und Anregungen zur Tuba?
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