Sitzordnung im Blasorchester – Dos und Don‘ts

Sitzordnung im Blasorchester – Dos und Don‘ts

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Eine Brass Band mit exakt 27 normiert besetzten Musikern hat kein Problem eine ideale Sitzordnung zu finden. Bei Sinfonieorchestern stellt sich zunächst die Frage, ob die Streicher in amerikanischer oder deutscher Sitzweise musizieren. Daneben gibt es nur wenige weitere Varianten bezüglich der Anordnung. So befinden sich bei den Berliner Philharmonikern die Hörner im Regelfall auf der linken Seite neben den Bläsern, während sie beim Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks meistens auf der rechten Seite sitzen. Aus den von den Komponisten vorgegebenen Besetzungen bildeten sich über viele Jahrhunderte mehr oder weniger standardisierte Sitzordnungen heraus, mit denen in der Praxis die besten Resultate erzielt werden können. Welche davon gewählt wird, ist nicht selten eine Frage des gespielten Repertoires: So bietet sich zum Beispiel in Beethovens Pastorale aufgrund des Dialoges zwischen den 1. und 2. Violinen die deutsche Sitzordnung an. In vielen Fällen bleibt es aber auch eine künstlerische Geschmacksfrage.

Einflussfaktoren auf die Sitzordnung

Vier Blickwinkel auf das Thema

Wie sieht es jetzt bei den Blasorchestern aus? Gibt es hier eine ideale Anordnung? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, möchte ich das Thema Sitzordnung zunächst einmal aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.

Im Unterschied zu den Brass Bands gibt es im Blasorchesterbereich keine standardisierte Besetzung von der ein Komponist beim Schreiben eines Werkes ausgehen kann. Damit variiert die Besetzung von Werk zu Werk, da jeder Komponist die für sein Werk notwendige Besetzung selbst festlegt. Die Besetzung wird dabei von einigen Parametern beeinflusst, darunter die Nationalität des Komponisten, die Schwierigkeitsstufe des Werkes und regionale Besonderheiten. Einige Komponisten geben in der Partitur auch eine Sitzordnung für die Aufführung ihres Werkes an. Dass das Werk in exakt der vom Komponisten geforderten Besetzung aufgeführt wird, ist nicht immer gewährleistet, denn nicht jedes Orchester verfügt über die vom Komponisten geforderte Besetzung. Die geforderte und tatsächlich vorhandene Besetzung ist der erste Einflussfaktor auf die Sitzordnung.

Einige Komponisten geben in der Partitur auch direkt einen Vorschlag für den Orchesteraufbau an (z. B. Cello-Konzert von Friedrich Gulda). Üblich ist dies vor allem, wenn eine spezielle Besetzung gefordert wird (z. B. Bläserensemble) oder im Raum bestimmte Effekte erzielt werden sollen.

Vergleichbar zum Sinfonieorchester variiert auch bei den Blasorchestern die Besetzungsgröße stark. Es gibt große regionale Unterschiede: Von 30-köpfigen Blasorchestern (mit unvollständiger Besetzung) bis hin zu Blasorchestern mit über 120 Musikern (in kompletter Besetzung) – darunter dann manchmal sechs Celli und vier Kontrabässe – ist alles möglich. Der zweite Einflussfaktor auf Sitzordnung ist also die Besetzungsgröße.

Der dritte Faktor, der einen Einfluss auf die Sitzordnung im Blasorchester haben kann, ist das Genre des Werkes, woraus sich oft die Stilistik ergibt. Es macht einen Unterschied, ob eine Originalkomposition, eine sinfonische Transkription, eine Transkription aus dem Bereich der „leichten Musik“ oder eine Komposition aus dem Bereich der traditionellen Blasmusik zur Aufführung kommt.

Der vierte Einflussfaktor ergibt sich aus der Räumlichkeit in der die Aufführung stattfindet. So macht es einen großen Unterschied ob die Aufführung in einem Konzertsaal mit einem Fassungsvermögen von 2.000 Zuschauern, einer Kirche mit viel Nachhall oder eine Turnhalle mit „Guckkastenbühne“ stattfindet. Die Akustik wird in jedem Fall eine andere sein. Weitere wichtige Fragen sind: Wird der Orchesterklang durch Decken, Wände oder Vorhänge auf eine bestimmte Art beeinflusst? Gibt es einen höhenverstellbaren Reflektor, Podeste oder eine Vorbühne? Lässt sich der Bühnenaufbau beeinflussen? Werden bestimmte Lagen des Orchesters von der Raumakustik verschluckt oder extrem verstärkt? Natürlich hat auch die Größe der Bühne einen Einfluss auf die Sitzweise.

Ebenfalls einen Einfluss auf die Sitzordnung hat die Klangvorstellung des Dirigenten: Wie soll das Orchester im Tutti klingen? So, dass alle Sätze zu einer Einheit verschmelzen (französische Klangvorstellung)? Oder transparent, so dass jeder Satz oder einzelne Gruppen sauber heraushörbar ist (amerikanische Klangvorstellung)? Oder gar so, dass eine klangliche Trennung nach Lagen hörbar wird? Damit haben wir den fünften Faktor, der die Sitzordnung beeinflussen kann.

„Dos“ für Ihre Sitzordnung

Sieben Grundgedanken

Für mich haben sich in den letzten Jahren in Bezug auf die Sitzordnung sieben Grundgedanken herausgebildet, die ich gerne als „Dos“ für die Sitzordnung im Blasorchester bezeichne. Die Grundgedanken sind aus Gesprächen mit vielen Kollegen und aus meinen eigenen Erfahrungen entstanden. Nach dem jeweiligen Gedanken habe ich immer ein Beispiel angegeben.

1. Die Instrumente einer Familie bleiben zusammen.

Die Saxophone sind eine Familie und sitzen damit auch zusammen. Entweder in einer Reihe oder in zwei Reihen, wobei die Alt-Saxophone dann in der ersten Reihe und die Tenor-Saxophone und das Bariton-Saxophon dann in der zweiten Reihe platziert werden. Man teilt das Orchester also nicht nach Stimmlagen auf. In keinem Fall sitzen alle Sopran-Instrumente zusammen, dann alle Alt-Instrumente, usw.

2. Instrumente, die viele Passagen zusammen haben, sollten in räumlicher Nähe sitzen.

Die 1. Trompete und die 1. Posaune haben meistens viele Passagen gemeinsam, also dürfen sie nicht zu weit auseinander sitzen. Gleiches gilt natürlich auch für die tiefen Holzbläser.

3. Die schwächeren Instrumente müssen beschützt werden.

Die Trompeten und Posaunen werden nicht direkt hinter den Saxophonen platziert, so dass die 1. Trompeten und 1. Posaunen den Alt-Saxophonen nicht direkt in den Nacken spielen. Wenn dies der Fall wäre, führt das meist zu einer scharfen und harten Spielweise der 3. Klarinetten. Die Musiker fühlen, dass sie sich klanglich nicht mehr durchsetzen können und artikulieren…

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